Gestern wie heute

Beamte sind Wegbereiter der Europäischen Integration

27. Mai 2024

Ein Bekenntnis zur Vereinigung Europas legt der Deutsche Beamtenbund schon 1954 gemeinsam mit Delegationen der Beamtenorganisationen aus dem damals noch französisch kontrollierten Saargebiet, Österreich, Belgien, Luxemburg, der Schweiz und Schweden auf dem der Bundesvertretertag des Deutschen Beamtenbundes in Bonn ab.

Bereits 1951 wurde durch die Unterzeichnung des Pariser Vertrags die erste Europäische Gemeinschaft gegründet: die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Ziel dieser Gemeinschaft war es, die gesamte deutsch-französische Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen, supranationales Aufsichtsbehörde („Hohe Behörde“ genannt) zu unterstellen. Diese Gemeinschaft garantierte den freien Verkehr von Kohle und Stahl innerhalb der Mitgliedstaaten. Der Gründungsvertrag wurde von insgesamt sechs Ländern unterzeichnet: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden.

Um die europäische Integration weiter voranzutreiben, beschließen diese sechs Mitgliedstaaten weitere wirtschaftliche Bereiche mit in die Gemeinschaft aufzunehmen. Im März 1957 unterzeichnen die gleichen sechs Länder die Verträge von Rom und gründen damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM). Die Idee der EWG ist die Schaffung eines großen gemeinsamen Marktes auf europäischer Ebene, in dem der freie Personen- und Warenverkehr durch die Gründung einer Zollunion und eines stufenweisen Abbaus der Zölle innerhalb der Mitgliedsländer ermöglicht werden soll.

Anfang 1958 werden weitere europäische Institutionen gegründet. Es entstehen die Europäische Kommission, der Ministerrat, die Parlamentarische Versammlung (später „Europäisches Parlament“ genannt), sowie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (später Gerichtshof der Europäischen Union). Am 1. Juli 1968 tritt die Zollunion in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt sind alle Zollabgaben zwischen den Mitgliedstaaten vollständig abgeschafft. Auf Güter aus Drittländern werden nun EWG-weit einheitliche Zölle erhoben. Der Grundstein für den weltweit größten Handelsraum ist gelegt. Die Auswirkungen sind beeindruckend: Zwischen 1957 und 1970 versechsfacht sich der innergemeinschaftliche Handel. Der Handel der EWG mit dem Rest der Welt verdreifacht sich. Die Verbraucher profitieren direkt von dieser Entwicklung, da sie aus einem immer vielfältigeren Angebot von importierten, preiswerten Waren wählen können. Die Europäische Dimension wird zur Realität.

Am 1. Januar 1973 findet die erste Erweiterung der EWG durch den Beitritt des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks statt. Die Anzahl der Mitgliedsländer steigt von sechs auf neun. Im Juni 1979 werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zum ersten Mal direkt gewählt. Vorher wurden sie von den nationalen Parlamenten entsandt. Die Mitglieder des Parlaments gehören bereits seit einiger Zeit länderübergreifenden Fraktionen (Sozialisten, Konservative, Liberale, Grüne usw.) und nicht mehr nationalen Delegationen an.

Griechenland schließt sich am 1. Januar 1981 der Europäischen Gemeinschaft an, im Januar 1986 finden auch Spanien und Portugal den Weg in die Europäische Gemeinschaft. Man spricht von nun an vom „Europa der Zwölf“. In der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA), der erste umfassende Änderungsvertrag der Römischen Verträge, wird Anfang 1986 die Fertigstellung des Gemeinsamen Binnenmarktes zum 1. Januar 1993 festgelegt. In diesem Vertrag verpflichten sich die zwölf Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bis spätestens zu diesem Datum ein Europa ohne innere Grenzen zu schaffen. Mit dem Vertrag von Maastricht, der am 7. Februar 1992 unterzeichnet wird und 1993 in Kraft tritt, erhält die Europäische Gemeinschaft eine neue Dimension. Von nun an heißt die EG offiziell „Europäische Union“. Die 1993 begonnenen Beitrittsverhandlungen mit Österreich, Finnland und Schweden münden 1995 in eine Erweiterung der EU um diese drei Länder. Ab diesem Zeitpunkt spricht man vom „Europa der 15“.

Das bereits 1985 unterzeichnete Schengener Übereinkommen tritt in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal und Spanien in Kraft. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit des freien Personenverkehrs ohne Grenzkontrollen, die Vereinheitlichung der Vorschriften für Einreise und den kurzfristigen Aufenthalt von Ausländern im ,,Schengen-Raum” (einheitliches Schengenvisum), Regeln für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für Asylanträge, Maßnahmen gegen grenzüberschreitenden Drogenhandel, polizeiliche Zusammenarbeit und Zusammenarbeit der Schengenstaaten im Justizwesen. Auf den Vertrag von Maastricht folgt der Vertrag von Amsterdam, der am 2. Oktober 1997 unterzeichnet wird. Dieser neue Vertrag soll die zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Regierungen der Mitgliedsländer der Europäischen Union perfektionieren. Darüber hinaus führt er die neuen Aufgabenbereiche Polizei, Justiz und Beschäftigung im Rahmen der Europäischen Union ein. Ebenso wird die Sozialpolitik mit in den Vertrag eingeschlossen. Von nun sind alle Mitgliedstaaten angehalten, die gemeinschaftlichen Bestimmungen in diesen Bereichen zu beachten.

Die Staats- und Regierungschefs einigen sich während des EU-Gipfels in Nizza vom 7. bis 11. Dezember 2000 auf einen neuen Vertrag, den Vertrag von Nizza. Er wird am 26. Februar 2001 von den 15 Mitgliedstaaten unterzeichnet und sieht eine institutionelle Reform der EU vor, um die Erweiterung auf 25 Staaten zu ermöglichen. Der Vertrag von Nizza tritt am 1. Februar 2003 in Kraft. Möglich geworden durch den Vertrag von Nizza kommt es am 1. Mai 2004 nach einer langen Verhandlungsphase zwischen der EU und jedem Beitrittskandidaten zum Beitritt von 10 neuen Staaten: Zypern, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Tschechische Republik, Slowakei und Slowenien. Das „Europa der 25“ ist entstanden. Am 1. Januar 2007 werden Bulgarien und Rumänien in die Europäische Union aufgenommen. Die EU setzt sich daraufhin aus 27 Mitgliedstaaten und fast einer halben Milliarde Menschen zusammen. Begleitet von Diskussion über EU-Vertragsreformen, findet eine weitere Erweiterung statt. Im Rahmen einer Volksbefragung am 22. Januar 2012 stimmten die Bürger Kroatiens mit ca. 67% der Stimmen für den EU-Beitritt. So begrüßt die EU Kroatien am 1. Juli 2013 als 28. Mitgliedstaat. Das Vereinigte Königreich ist am 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union ausgestiegen. Eine knappe Mehrheit (51,9 Prozent) der Briten hatte am 23. Juni 2016 bei einer Volksabstimmung für einen Austritt aus der EU gestimmt.

Derzeit gibt es acht offizielle EU-Beitrittskandidaten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Moldau, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, die Türkei und die Ukraine. Zwei weitere Länder, Georgien und Kosovo, zählen zu den potentiellen EU-Kandidaten.

Der dbb beamtenbund und tarifunion ist als Spitzenorganisation der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privatisierten Sektors in Deutschland Mitglied von CESI, der „Confédération Européenne des Syndicats Indépendants“ (Europäische Union der unabhängigen Gewerkschaften). Die CESI wurde 1990 als Europäische gewerkschaftliche Dachorganisation gegründet und vertritt freie und unabhängige Gewerkschaften des privaten und des öffentlichen Sektors aus ganz Europa. Ihre Ziele hat die CESI in ihrer EU-Charta für den öffentlichen Dienst niedergeschrieben: CESI kämpft für einen starken, unabhängigen öffentlichen Dienst sowie effiziente öffentliche Einrichtungen in der gesamten Europäischen Union (EU), die den Europäischen Bürgerinnen und Bürgern dienen. Sie unterstützt den Fortbestand und die weitere Entwicklung eines unabhängigen Europäischen öffentlichen Dienstes. Auf europäischer Ebene ist die CESI als anerkannter Sozialpartner im Dialog der Zentralverwaltungen Ansprechpartnerin für die Europäischen Institutionen, insbesondere für die Europäische Kommission. Sie wird zu allen sozialpolitischen Themen konsultiert, bezieht gewerkschaftspolitisch Stellung und trägt durch die gewerkschaftliche Arbeit ihrer Ausschüsse zur Entscheidungsfindung in der Europäischen Sozial- und Beschäftigungspolitik bei.