"Wer Kinder erzieht oder Angehörige pflegt, muss dafür auch Freiräume bekommen, ohne finanzielle Einbußen oder einen Karriereknick hinnehmen zu müssen." So die Antwort der SPD in Nordrhein-Westfalen zu einer Frage des Deutschen Beamtenbundes im Rahmen der DBB NRW Wahlprüfsteine.
"Wer Kinder erzieht oder Angehörige pflegt, muss dafür auch Freiräume bekommen, ohne finanzielle Einbußen oder einen Karriereknick hinnehmen zu müssen." So die Antwort der SPD in Nordrhein-Westfalen zu einer Frage des Deutschen Beamtenbundes im Rahmen der DBB NRW Wahlprüfsteine.
Die SPD NRW stand dem nordrhein-westfälischen DBB Rede und Antwort. Hier nun die Antworten im Einzelnen:
DBB NRW: Wo sehen Sie Ansatzpunkte für Optimierungen? Wäre vielleicht sogar eine zweite Dienstrechtsreform notwendig?
SPD: Das Dienstrecht und seine Gesetze sind für uns kein starrer Rahmen, es ist atmendes Regelungswerk, das kontinuierlich an die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bediensteten und Anforderungen des öffentlichen Dienstes angepasst werden muss. Wir haben in der letzten Legislaturperiode gezeigt, dass wir notwendige Veränderungen gemeinsam mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstest aufnehmen und auch umsetzen können. Ebenso werden wir stetig an der Weiterentwicklung des Dienstrechts arbeiten, um den Öffentlichen Dienst auch in der Zukunft attraktiv zu halten.
DBB NRW: Ein Schwerpunkt der Dienstrechtsreform war das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Sehen Sie über die neuen Maßnahmen hinaus noch Handlungsbedarf bei diesem Thema?
SPD: Neben Fragen zur Besoldung wird insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhin oben auf unserer Agenda stehen. Vor allem wollen wir das Thema Familienarbeitszeit stärker in den Fokus nehmen. Wer Kinder erzieht oder Angehörige pflegt, muss dafür auch Freiräume bekommen, ohne finanzielle Einbußen oder einen Karriereknick hinnehmen zu müssen. Der Öffentliche Dienst muss hierfür Vorreiter sein. Daher haben wir in unserem NRW-Plan auch festgeschrieben, dass wir die Möglichkeiten von Home-Office und flexibler Weiterbildung weiter ausbauen werden.
DBB NRW: Wie kann Ihrer Meinung nach die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes gesteigert werden?
SPD: Der Öffentliche Dienst ist ein wichtiger Grundpfeiler für eine funktionierende und gerechte Gesellschaft. Um ihn weiter attraktiv zu halten, bedarf es eines modernen praxis- und lebensnahen Dienstrechts. Hierzu haben wir schon viel erreicht: Neben denen schon durch die Landesregierung im dialogorientierten Verfahren eingebrachten Verbesserungen im Dienstrechtsmodernisierungsgesetz konnten durch die Fraktionen von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen noch weitere Verbesserungen erreicht werden. Dazu gehören vor allem die Wiedereinführung der Jubiläumszulage sowie die Abschaffung der Ämter A 3 und A 4.
Ein modernes Dienstrecht soll vor allem zwei Anforderungen erfüllen: Die Wertschätzung für den Einsatz und die Flexibilität der Beamtinnen und Beamten muss sich in gleichermaßen in der Besoldung und einer zeitgemäßen Anpassung der rechtlichen Grundlagen widerspiegeln. Darüber hinaus hat das Dienstrecht auch einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag. Der Staat als Arbeitgeber soll in den Bereichen Arbeitsplatzattraktivität, insbesondere Familienfreundlichkeit, und Gesundheitsmanagement mit positivem Beispiel vorangehen. Diesen Weg werden wir im Gespräch mit den Berufsverbänden und Gewerkschaften fortsetzen.
DBB NRW: Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach die Bezahlung für die Attraktivität?
SPD: Für die NRWSPD ist klar: Gute Leistung muss auch angemessen entlohnt werden. Die Entscheidung, das Tarifergebnis für den öffentlichen Dienst wie verabredet auch auf die beamteten Beschäftigten zu übertragen und dies auch für die Übertragung der Anpassung im Jahr 2018 fest verabredet zu haben, unterstreicht die Bedeutung die auch die NRWSPD dem Faktor Besoldung für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zumisst.
Ebenso haben wir mit dem „Gesetz zur Stärkung der Versorgung bei Pflege und zur Änderung weiterer Vorschriften“ die Bedingungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst auch in Hinblick auf Besoldungsfragen weiter verbessert; genannt sei hier bespielhaft die Anhebung der Besoldung von Schulleiterinnen und Schulleitern an Grund- und Hauptschulen auf die Besoldungsgruppe A 14. Die NRWSPD wird auch weiterhin – im regelmäßigen Austausch mit den Gewerkschaften – die notwendigen Anpassungen im Bereich der Besoldung vornehmen, damit der Öffentliche Dienst auch finanziell ein attraktiver Arbeitgeber bleibt.
DBB NRW: Wie stehen Sie zum bestehenden System der Beihilfe und wie generell zum Berufsbeamtentum?
SPD: Die Grundlagen des Berufsbeamtentums ergeben sich bereits aus der Verfassung: der beamtenrechtliche Funktionsvorbehalt nach Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 33 Abs. 5 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums und schließlich auch die sogenannten „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ nach Art. 33 Abs. 2 GG.
Der Beihilfeanspruch folgt aus der verfassungsrechtlich verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dazu stehen wir und wir wertschätzen auch die Leistungen und die Vorzüge eines funktionierenden öffentlichen Dienstes.
DBB NRW: Welche Position vertreten Sie zur Bürgerversicherung in diesem Zusammenhang?
SPD: Die SPD hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass die Gesetzliche Krankenversicherung solidarisch weiterentwickelt werden muss. Sozialversicherungen werden von einer breiten Solidargemeinschaft getragen. Sie sind und bleiben der beste Schutz für eine gute Gesundheitsversorgung und für eine Rente im Alter, die die Lebensleistung würdigt. Unser Ziel bleibt daher, eine Bürgerversicherung auch im Gesundheitswesen einzuführen – mit dem Ziel: Einbeziehung aller, aller Einkommensarten und gleiche Leistungen für alle!
Auch vor dem Hintergrund unserer Ausführungen zur vorhergehenden Frage ist für uns dabei klar: Die Bürgerversicherung darf gerade mit Blick auf das Berufsbeamtentum nicht mit einer Leistungseinschränkung für den öffentlichen Dienst verbunden sein. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Regelungen kann es nur darum gehen, wie bei gleicher Leistung und einem dieser Leistung entsprechendem Beitrag eine bessere Organisation erreicht werden kann. Insbesondere müssen vor der Einführung einer Bürgerversicherung Fragen zur Wahrung der beamtenrechtlichen Vorgaben (Alimentationsprinzip) und zur rechtlich einwandfreien Sicherung der Altersrückstellungen der Privatversicherten geklärt und sichergestellt werden, dass keine Mehrbelastung der gesetzlich versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgt.
DBB NRW: Welche Maßnahmen können Sie sich konkret vorstellen, um für einen besseren Schutz Ihrer Beschäftigten zu sorgen?
SPD: Eine zunehmende Verrohung der Sprache, verbale Gewaltandrohungen bis hin zu Angriffen, Anschlägen und Mordversuchen – alles unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit – zeigen eine Radikalisierung in einem zuvor nicht gekannten Ausmaß. Auch und gerade die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst werden als Repräsentanten des Staates besonders oft Opfer von Aggression und Gewalt. Wir brauchen deshalb mehr Würdigung und Respekt für die Arbeit von Beschäftigten im Öffentlichen Dienst.
Die Behinderung von Einsätzen, Schmähungen und Gewalt gegen Einsatzkräfte werden wir nicht dulden. Diesen Angriffen werden wir entschieden, auch mit Mitteln des Strafrechts, entgegentreten.
Bereits jetzt stehen den Beschäftigten der Behörden Fortbildungsmaßnahmen zum Konfliktmanagement zur Verfügung und es gibt umfangreiche Konzepte zur Gewaltprävention und zur Sicherung von Behördengebäuden. Polizistinnen und Polizisten verfügen im Einsatz über eine moderne Ausstattung zu ihrem Schutz. Zuletzt hat das Land eine Regelung auf den Weg gebracht, dass Schmerzensgeldansprüche von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes, die im Dienst verletzt worden sind, vom Land übernommen werden, wenn der Schädiger mittellos ist.
Die Landesregierung befindet sich bereits in einem Dialog mit verschiedenen Gruppen von betroffenen Beschäftigten, dessen Ziel es ist, sich zu den bestehenden Konzepten auszutauschen und bei Bedarf Anregungen zu geben, wie sie weiterentwickelt werden können. Die NRWSPD wird diesen Dialog begleiten und unterstützen sowie bei Bedarf weitere geeignete Maßnahmen prüfen und umsetzen.
DBB NRW: Welche Maßnahmen können Sie sich vorstellen, um die Versorgungsausgaben zu stabilisieren:
SPD: Für die NRWSPD hat der Landtag mit der Verabschiedung des Pensionsfondsgesetzes deutlich gemacht, dass die Vorsorge für Versorgungsausgaben auch in Zukunft sichergestellt sein wird. Die bisher getrennt geführten Instrumente ‚Versorgungsrücklage‘ und ‚Versorgungsfonds‘ sind seit Beginn dieses Jahres in einem Pensionsfonds zusammengeführt werden.
Anders als andere Länder verzichtet das Land Nordrhein-Westfalen auch in den nächsten Jahren darauf, Geld aus der Vorsorge für die Beamtenpensionen zu entnehmen. Es setzt stattdessen auf eine stetige jährliche Zuführung von 200 Millionen Euro ab 2018. Damit werden der Versorgungspuffer für die unsere Beamtinnen und Beamten auch künftig wachsen und die Vorsorge deutlich transparenter als nach bisheriger Regelung.
Aus Sicht der NRWSPD ist auch nicht geplant, den bislang erhobenen – und in diesem Jahr vorzeitig abgeschafften – Versorgungsabschlag auf Bezüge und Versorgung wieder als stabilisierende Maßnahme einzuführen.