Antworten der Grünen zu den Wahlprüfsteinen des DBB NRW

Karrierehemmnisse durch Teilzeitarbeit möchten wir konsequent abbauen

05. Mai 2017

„Wir möchten den Öffentlichen Dienst zu einem modernen und familienfreundlichen Arbeitgeber machen und die Nachwuchswerbung weiter verbessern“, so die Grünen in Nordrhein-Westfalen zu einer Frage des Deutschen Beamtenbundes im Rahmen der DBB NRW Wahlprüfsteine.

 

„Wir möchten den Öffentlichen Dienst zu einem modernen und familienfreundlichen Arbeitgeber machen und die Nachwuchswerbung weiter verbessern“, so die Grünen in Nordrhein-Westfalen zu einer Frage des Deutschen Beamtenbundes im Rahmen der DBB NRW Wahlprüfsteine.

Die Grünen NRW haben ebenfalls die Fragen des nordrhein-westfälischen DBB beantwortet Hier nun die Antworten im Einzelnen:

DBB NRW: Wo sehen Sie Ansatzpunkte für Optimierungen? Wäre vielleicht sogar eine zweite Dienstrechtsreform notwendig?

Grüne: Wir haben viel für die Beschäftigten erreicht: schlankere Laufbahnstrukturen, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ausbildungsmöglichkeiten in Teilzeit, Zeitwertkonten für Beamt*innen und bessere Besoldung für Einstiegsämter.

Für eine moderne und  familienfreundliche Verwaltung wollen wir beispielsweise Grundschullehrkräfte besser bezahlen, die Besoldung in der Sekundarstufe I angleichen und Schichtbelastung  verringern. Wo Ausbildungen wegen besonderer Härten länger dauern, wollen wir Anwärter*innen ohne Abzüge weiter bezahlen. Vielfalt soll sich im Öffentlichen Dienst widerspiegeln: durch Beschäftigte mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund und mehr Quereinsteiger*innen. Wir möchten zukünftig Whistleblower gesetzlich schützen.

DBB NRW: Ein Schwerpunkt der Dienstrechtsreform war das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Sehen Sie über die neuen Maßnahmen hinaus noch Handlungsbedarf bei diesem Thema?

Grüne: Uns ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf überaus wichtig. Wenn Menschen für Kinder oder pflegebedürfte Personen Verantwortung übernehmen, darf das nicht zu beruflichen Nachteilen führen. Wir wollen, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelebte Realität darstellt.

Beamt*innen sollen ihre Arbeitszeit den eigenen Lebensumständen flexibel anpassen können, durch Kindererziehungs- und Pflegezeiten, Sabbaticals und die Möglichkeit auch im Ruhestand weiterzuarbeiten. Karrierehemmnisse durch Teilzeitarbeit möchten wir konsequent abbauen, Tele- und Heimarbeit stärken. Wir wollen weiterhin in Bildung investieren und Familien U3-Ausbau, individuelle Lernzeiten an Schulen und ein gebührenfreies Hochschulstudium entlasten. 

DBB NRW: Wie kann Ihrer Meinung nach die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes gesteigert werden?

Grüne: Wir möchten den Öffentlichen Dienst zu einem modernen und familienfreundlichen Arbeitgeber machen und die Nachwuchswerbung weiter verbessern. Das beinhaltet moderne Ansprache wie Radiospots und Onlinewerbung für eine positive Imagegestaltung. Darüber hinaus möchten wir den Öffentlichen Dienst noch stärker für Menschen mit Migrationshintergrund und Quereinsteiger*innen öffnen sowie Laufbahnen durchlässiger und flexibler handhaben. Ein starker öffentlicher Dienst und ein leistungsfähiger Staat haben ihren Preis. Steuersenkungen ohne Finanzierungskonzept und Forderungen nach einem leistungsfähigen Staat, passen nicht zusammen. Wer bestellt, muss auch die Rechnung zahlen.

DBB NRW: Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach die Bezahlung für die Attraktivität?

Grüne: Wir wollen den Öffentlichen Dienst als modernen Arbeitgeber, mit fairen Arbeitsbedingungen und angemessener Besoldung. Beispielsweise Grundschullehrkräfte verdienen eine bessere Bezahlung, die Besoldung in der Sekundarstufe wollen wir angleichen und die Bezahlung von Grund- und Hauptschulleiter*innen haben wir bereits verbessert.

Doch Attraktivität bedeutet mehr als nur gute Bezahlung. Der Öffentliche Dienst bietet sichere Arbeitsplätze mit guter Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Balanceakt zwischen haushalterischer Verantwortung und den Interessen der Beschäftigten ist stets ein schwieriger, den wir gut meistern. Das werden wir auch in Zukunft beweisen. 

DBB NRW: Wie stehen Sie zum bestehenden System der Beihilfe und wie generell zum Berufsbeamtentum?

Grüne: Für uns ist langfristig eine Bürgerversicherung vorstellbar. Zunächst prüfen wir jedoch, die Beihilfe als Arbeitgeberanteil auf die gesetzlichen Krankenkassen auszuweiten. Bestehende Schwächen möchten wir reformieren, etwa das aufwendige Erstattungsverfahren für Beihilfeberechtigte. Daher prüfen wir eine Direktabrechnung zwischen Krankenhäusern, Ärzten und Apotheken mit der Beihilfestelle.

Das Berufsbeamtentum hat eine lange Tradition. Der Staat muss funktions- und handlungsfähig sein, was ihn von privatwirtschaftlichen Unternehmen unterscheidet. Wir GRÜNE sind uns der Bedeutung bewusst, die den Beamtinnen und Beamten und ihrem tagtäglichen Einsatz für unser Gemeinwesen zukommt

DBB NRW: Welche Position vertreten Sie zur Bürgerversicherung in diesem Zusammenhang?

Grüne: Wir GRÜNE setzen uns für ein solidarisches, menschliches und bezahlbares Gesundheitssystem ein. Dabei sollen gesetzliche und private Krankenversicherung zur Bürgerversicherung weiterentwickelt werden, an der sich alle beteiligen: Arbeitnehmer*innen, Beamt*innen, Freiberufler*innen, Selbstständige und Politiker*innen. Die Bürgerversicherung ist kein Sparmodell zu Lasten der Beamt*innen, sondern soll Schluss machen Zweiklassenmedizin.
Die Bürgerversicherung stärkt Familien: Kinder und Menschen, die Kinder erziehen oder Pflegeleistungen erbringen, sollen beitragsfrei versichert werden. An der Beitragsparität wollen wir festhalten. Die Bürgerversicherung garantiert Beamt*innen, wie allen anderen, ein hohes Versorgungsniveau. Von diesem Beitragssystem würden besonders Menschen mit geringerem Einkommen profitieren, etwa Pensionär*innen.

DBB NRW: Welche Maßnahmen können Sie sich konkret vorstellen, um für einen besseren Schutz Ihrer Beschäftigten zu sorgen?

Grüne: Gewalt und Bedrohung gegen Landesbeschäftigte verurteilen wir auf das Schärfste. Den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst gebührt Respekt und Anerkennung für die wichtige Arbeit, die sie täglich leisten. Wir haben Zugangskontrollen zu Arbeitsgebäuden eingeführt, baulich für Sicherheit gesorgt, Gewaltpräventions- und Schutzkonzepte erarbeitet, Fortbildungen zu Deeskalation, Konfliktmanagement und Selbstverteidigung angeboten, für Gerichte und Staatsanwaltschaften ein Sicherheitskonzept erarbeitet und die Zusammenarbeit von Justizvollzugspersonal und Polizei verbessert.

Die Polizei haben wir besser ausgerüstet, etwa mit Bodycams, deren Wirksamkeit wir erproben. Die ergriffenen Maßnahmen wollen wir verbessern und fortentwickeln. In einem Gesetz regeln wir, dass im Dienst verletzte auch Schadensersatz erhalten, wenn Angreifer nicht zahlungsfähig sind.

DBB NRW: Welche Maßnahmen können Sie sich vorstellen, um die Versorgungsausgaben zu stabilisieren:

Grüne: GRÜNE Finanzpolitik will vorsorgen und Handlungsspielräume kommender Generationen sichern. Im Pensionsfonds haben wir Versorgungsrücklage und Versorgungsfonds zusammengefasst. Im Laufe des Jahres wird der Fonds von 9,8 auf 10,3 Milliarden Euro anwachsen. Anders als andere Bundesländern verzichten wir darauf, bereits jetzt Geld aus dieser Vorsorge zu entnehmen.

Stattdessen wird der Fonds weiter gespeist, ab 2018 jährlich mit 200 Millionen Euro. Nordrhein-Westfallen sorgt damit verglichen mit Bayern in doppelter Höhe für den Ruhestand seiner Beamt*innen vor. Wir möchten Haushaltsrisiken minimieren. Klimaschädliche und unethische Investitionen werden durch die Divestment-Bewegung immer unrentabler. Die Gelder des Pensionsfonds werden dank SPD und GRÜNEN nur nach nachhaltigen, klimafreundlichen und sozialen Kriterien angelegt.