Kampagne gegen Hass, Hetze & Gewalt

Respekt kann nicht per Gesetz verordnet werden

23. September 2020

Der DBB NRW Vorsitzende Roland Staude im Interview zur Kampagne für mehr Wertschätzung & Respekt und gegen Hass, Hetze & Gewalt.

Herr Staude, fangen wir mit einer ganz grundsätzlichen Frage an: Was bedeutet für Sie Respekt?
Roland Staude:  Die entscheidenden Begrifflichkeiten sind hier sicherlich Toleranz, Achtung, Fairness, aber auch Höflichkeiten im Umhang miteinander. Dabei geht es nicht nur um die klassischen „Respektspersonen“, denn jeder Mensch hat Respekt verdient. Deswegen ist Respekt auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch Gerechtigkeit und Gleichberechtigung spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Was sind Ihrer Meinung nach Gründe dafür, dass Respekt heutzutage ein rares Gut geworden zu sein scheint?
Roland Staude: Dies ist für mich auch eine Frage der persönlichen Sozialisierung. Die fängt im Elternhaus an und findet ihre Fortsetzung in den Bildungsinstitutionen. Respekt ist nicht von Natur aus gegeben, sondern muss auch aktiv im gesellschaftlichen Miteinander erlernt werden. Hier scheint es zunehmend zu haken.
Eine wichtige Rolle spielt jedoch auch ein zunehmender Vertrauensverlust in den Staat, in seine Institutionen, in die Regierungen und die Parteien. Dieser führt dazu dass die Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst als Repräsentanten des Staates immer häufiger ihren „Kopf hinhalten müssen“.

Wie drückt sich der mangelnde Respekt im Alltag aus, insbesondere für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst?
Roland Staude: Es fängt bei einer Verrohung der Sprache an, geht mit Beleidigungen und Bedrohungen weiter und endet letztendlich viel zu oft mit Gewalt. Hier haben wir eine starke Zunahme zu verzeichnen. Dies gilt inzwischen für fast alle Bereiche des Öffentlichen Dienstes, Tierärztinnen und Tierärzte sind genauso betroffen wie Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter oder Beschäftigte der Außendienste.

Haben Sie selbst schon Situationen erlebt, in denen Sie oder Kolleginnen bzw. Kollegen direkt mit Hass, Hetze oder Gewalt konfrontiert wurden?
Roland Staude: Ich selbst bin in meiner früheren Tätigkeit schon einmal mit einer Pistole bedroht worden und habe sogar Morddrohungen erhalten.
Außerdem habe ich in meiner früheren Position als Amtsleiter bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die ganze Bandbreite von Übergriffen mitbekommen, von Beleidigungen bis zur schweren Körperverletzung. Meine „Strategie“ war eine konsequente Verfolgung indem alle Übergriffe – körperlicher wie auch verbaler Art – zur Anzeige gebracht wurden.

Was kann der Arbeitgeber bzw. der Dienstherr tun, um seine Beschäftigten besser vor Übergriffen zu schützen?
Roland Staude: Es wäre für die Erstellung von Lagebildern schon sehr hilfreich, wenn sämtliche Vorfälle erfasst und zur Anzeige gebracht würden. Das würde belastbare Informationen zum Ausmaß des Problems geben.
Gewaltprävention ist zudem Vorgesetztenpflicht. Hier muss mehr gemacht werden, von Deeskalationstraining bis hin zu einheitlichen Standards bei Alarmsystemen.
Wichtig ist außerdem, möglichst schnell die Kommunikation und Vernetzung zwischen den Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden zu verbessern, mit dem Ziel eines einheitlichen Melderegisters. 

Was möchten Sie bzw. was möchte der DBB NRW mit seiner Kampagne bewirken?
Roland Staude: Eine Sensibilisierung und eine Wertediskussion in unserer Gesellschaft. Leider kann Respekt nicht per Gesetz verordnet werden. Respekt kann nur von allen Teilen der Gesellschaft vorgelebt und muss ggf. auch erlernt werden.
Hass, Hetze und Gewalt dagegen haben in einem demokratischen Staat nichts verloren und gehören gesamtgesellschaftlich ins Abseits gestellt. Hier ist der Dienstherr, aber auch jeder Einzelne gefragt.