Projekt „Digitalisierung der Verwaltung in NRW“
Dem Veränderungsprozess ein „Gesicht“ geben
- Foto: © DBB NRW/Peter Weihs Von links: Astrid Walter-Strietzel (Vorstand DBB NRW), Prof. Dr. Stefan Piasecki (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung [HSPV NRW]), Tim Brandenburg (Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte [AG HPR]), Lukas Daniel Plüschau (HSPV NRW), Claudia Krämer (AG HPR), Dr. Stefan Schielke (AG HPR), Isabell Dhonau (HSPV NRW), Clemens Recker (FDP-Landtagsfraktion NRW), Achim Hirtz (Vorstand DBB NRW), Uwe Groß (DBB NRW)
Auch in diesem Jahr haben Studierende der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW) im Auftrag des DBB NRW eine Projektarbeitet übernommen. Thema: die Digitalisierung der Verwaltung in NRW. Am 20. Juni haben sie nun das Ergebnis ihrer zweimonatigen Arbeit in der Geschäftsstelle des DBB NRW präsentiert.
Handlungsempfehlungen für einen praktikablen Umgang mit der Digitalisierung
Ausgehend von der Frage „Muss man Angst haben vor der Digitalisierung?“, beleuchteten die Studierenden Isabell Dhonau und Lukas Daniel Plüschau zentrale Fragen zum Thema Digitalisierung, mit dem Ziel, klare Handlungsempfehlungen zu liefern. Eine sehr komplexe Aufgabenstellung für das zweiköpfige Team unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Stefan Piasecki, deren Ergebnisse sie Vertretern aus Personalräten und Politik spannend und pointiert präsentierten. Auf Basis von Literaturrecherchen sowie Interviews mit Experten aus Informationstechnik und Arbeitsschutz gelangte das Team zu sehr aufschlussreichen Erkenntnissen.
So stehe Deutschland mit Blick auf europäische Vorreiternationen eher schlecht da. Zwar sei ein Vergleich nicht eins-zu-eins möglich, da Deutschland größer sei und aufgrund seiner föderalen Struktur mit vielen Widerständen umzugehen habe. Dennoch lohne sich eine Orientierung, z. B. hinsichtlich eines liberaleren Umgangs mit dem Datenschutz oder dem Stand des Breitbandausbaus, der mit 6,4 Prozent in Deutschland mehr als unterdurchschnittlich sei.
Diese eher negativen Erkenntnisse wiegen umso schwerer, da 80 Prozent der Deutschen laut einer bitkom-Studie aus dem Jahre 2021 ihre Verwaltungsangelegenheiten gern digital erledigen würden.
Den Wandel kommunikativ gestalten
Doch was stockt in der Digitalisierung? Was ist die größte Herausforderung? Die Diagnose: Im Wesentlichen mangele es an neuen Agierenden, die mit Change Management auf Basis transparenter Kommunikation und Information den bitter notwendigen Wandel vorantreiben. Dabei sei es von zentraler Bedeutung eine Vertrauenskultur zu schaffen, in der der Mut zum Fehler verziehen wird, um so Raum für kreative Ideen zu schaffen.
In der anschließenden Diskussion kristallisierte sich das Thema Kommunikation als neuralgischer Punkt heraus. So wurde berichtet, dass in der Verwaltung NRW Prozesse digitalisiert worden, seien , bevor sie sauber ausgearbeitet waren. Eine Kommunikation mit betroffenen Mitarbeitern habe nicht stattgefunden, so dass z. B. die E-Akte am Ende die Arbeit keineswegs erleichtere. Sie sei weder intuitiv noch nutzerorientiert. Prof. Dr. Piasecki sprach zudem von einer regelrechten Reaktanz, die in der Verwaltung festzustellen sei, sprich: eine aktive Widerstandshaltung gegen neue Ideen.
Change Manager braucht das Land
Die Personalräte äußerten Bedenken, dass Beschäftigte durch die Digitalisierung abgehängt werden könnten. Achim Hirtz, Vorstandsmitglied des DBB NRW, wies daraufhin, dass der Begriff „Digitale Dividende“ von vielen Mitarbeitern mit Rationalisierung gleichgesetzt würde: Hier müssten die Mitarbeiter besser mitgenommen werden. Hirtz: „Es fehlen zurzeit noch die notwendigen Personalentwicklungskonzepte.“ Astrid Walter-Strietzel, Vorstandsmitglied des DBB NRW und Moderatorin der Veranstaltung, sagte dazu, dass sie diese Problematik auch sehe. Walter-Strietzel: „Eine zentrale Aufgabe der Personalvertretungen wird es daher sein, Lösungskonzepte für neue Tätigkeitsbereiche sowie entsprechende Weiterbildungskonzepte zu entwickeln.“ Die Digitalisierung aber lasse sich nicht aufhalten.
Uwe Groß, Pressesprecher des DBB-NRW, unterstrich, dass die Digitalisierung nutzerorientierter als bisher organisiert werden müsse. „Wir müssen die Bedürfnisse interner und externer Nutzer kennen und berücksichtigen: der Beschäftigten, die mit den Programmen arbeiten, und der Bürger, die sie verwenden."
Dazu, so das Fazit von Astrid Walter Strietzel, brauche es Führungskräfte im Bereich Change Management: „Und wenn Kräfte aus der Wirtschaft erforderlich sind“, so Walter-Strietzel, „dann muss es auch möglich sein, das Tarifgefüge variabler zu gestalten.“