Im Gespräch mit dem Direktor der Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel
Die Fachhochschule hilft in der Not und unterstützt Hilfsorganisationen
- Foto: © Privat Die Fachhochschule ist Einsatzzentrale
Bad Münstereifel ist in ganz besonderem Maße von der schweren Hochwasserkatastrophe betroffen. Alexander Meyer, Direktor der Fachhochschule für Rechtspflege, vermittelt der DBB NRW Internetredaktion einen Eindruck über die derzeitige Situation in seiner Einrichtung sowie in der näheren Umgebung des schwer zerstörten Eifelstädtchens.
DBB NRW Internetredaktion: Bad Münstereifel ist besonders von der Hochwasserkatastrophe betroffen. Ihre Fachhochschule hat ihren Sitz in dem schönen Eifelstädtchen. Können Sie uns einen Eindruck geben, wie es zur Zeit in Ihrer Einrichtung und in der näheren Umgebung aussieht?
Alexander Meyer: Das Unwetter vom 14./15. Juli war für Bad Münstereifel, den Kreis Euskirchen und weit darüber hinaus verheerend: In dieser Katastrophe sind auch in Bad Münstereifel viele Menschen um`s Leben gekommen und die Kernstadt sowie weite Ortsteile der Stadt waren am Morgen des 15. Juli kaum wiederzuerkennen. Einzelne Häuser waren komplett zerstört oder schwer beschädigt, Straßen tief aufgerissen bzw. unterspült, Häuser und Keller mit Wasser und Schlamm geflutet, Autos und große Container - wie Spielzeuge - durch die Straßen gespült worden und mit Geröll und Gegenständen aus den Häusern, den Gärten und von den Straßen überall verteilt.
In weiten Teilen des Kreises gab es keinen Strom, keine Wasserversorgung und kein Telekommunikationsnetz mehr. Seitdem hat sich schon viel getan. Die Keller und Häuser, soweit sie betroffen waren, sind – auch dank der vielen Helferinnen und Helfer - weitestgehend geräumt worden, die unbrauchbar gewordenen Habseligkeiten zunächst an mehreren Stellen im Stadtgebiet gesammelt und von dort aus abtransportiert worden. Das Technische Hilfswerk hat Bauwerke abgerissen oder aber gesichert, Straßen mit Schotter verfüllt und jedenfalls in Teilen wieder befahrbar gemacht. Die Versorgung mit Strom, Wasser und Telefon konnte in weiten Teilen wiederhergestellt werden. Aber die Stadt ist natürlich auch heute noch stark verwundet und die Arbeiten laufen überall weiter.
DBB NRW Internetredaktion: Welche Auswirkungen hat das auf den Betrieb der Fachhochschule, die Studierenden und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Alexander Meyer: Wir, als Fachhochschule, sind mit einem blauen Auge davongekommen. Vergleichsweise wenige unserer Studierenden-Unterkünfte, nämlich 40 Räume, und einige Funktionsräume in vier der von uns genutzten Gebäude sind mit Wasser und Schlamm überflutet worden. Diese Räume, die Möbel und das Inventar waren damit unbrauchbar und sind - wie die Böden auch - entsorgt worden.
Die Verwaltung konnte einen stark eingeschränkten Betrieb in einer Außenstelle am Stadtrand aufrechterhalten, in der wir zum Glück über Strom, Wasser und Telekommunikation verfügt haben. Unseren Lehrbetrieb am Standort Bad Münstereifel haben wir sogleich in die digitale Lehre überführt. Der Prüfungsbetrieb wurde kurzfristig von den Oberlandesgerichten und der Justizvollzugsschule übernommen, worüber wir sehr dankbar sind. Besonders leid tut mir die Situation für unsere Studierenden, die zu Beginn des Monats August ihr Studium – nach der letzten Corona-Welle und zu Beginn des neuen Studienjahres – nun in Präsenz in Bad Münstereifel hätten aufnehmen oder fortsetzen sollen. Sie müssen ihr Studium nun vorübergehend/für wenige Wochen, bis die Infrastruktur in Bad Münstereifel anderes wieder ermöglicht, zunächst in digitaler Lehre absolvieren.
DBB NRW Internetredaktion: Konnte Ihre Einrichtung der Stadt und den Bürgerinnen und Bürgern in dieser Ausnahmesituation helfen?
Alexander Meyer: Da wir als Fachhochschule ja noch vergleichsweise glimpflich davongekommen sind und wir mit der schon genannten Außenstelle am Stadtrand vom ersten Tag an noch ein funktionstüchtiges Studierendenwohnheim hatten, haben wir der Stadt dort Notunterkünfte zur schnellen Hilfe, Unterkünfte und Besprechungsräume für die Helfer/-innen des Technischem Hilfswerks, der Feuerwehren und der Bundeswehr zur Verfügung gestellt. In einem anderen Gebäude wurden die dort funktionstüchtigen Räumlichkeiten für die Beantragung, die Bearbeitung und die Auszahlung der Soforthilfen des Landes bereitgestellt.
Auch hat unserer Caterer aus der Küche der Fachhochschule heraus die Helfer/-innen und Bewohner in der besonders betroffenen Kernstadt mit warmen Essen versorgt. Bei all dem hat mich die große Hilfsbereitschaft nicht nur der professionellen bzw. ehrenamtlichen Helfer sehr beeindruckt.
Auch die Hilfsbereitschaft der vielen Freiwilligen war toll. So hat z.B. eine Gruppe von Studierenden der Fachhochschule aus Hessen und NRW, die sich gerade in der Praxisphase befunden haben, Urlaub genommen und sich nach Bad Münstereifel und zu uns begeben. Diese haben dann in Häusern und Wohnungen von ihnen bislang völlig fremden Menschen vier Tage lang Keller und Räume von Schlamm, Wasser und zerstörten Möbeln befreit.
DBB NRW Internetredaktion: Sind auch Justizangehörige Ihrer Einrichtung und/oder Studierende von der Katastrophe betroffen? Wenn ja, konnten Sie auch diesen Kolleginnen und Kollegen helfen?
Alexander Meyer: Viele Mitarbeiter/-innen, Lehrende und Studierende wohnen natürlich in der Region und waren von den Überflutungen damit ganz unmittelbar oder jedenfalls mittelbar (über Verwandte, Freunde, Bekannte) betroffen. Viele Kolleginnen und Kollegen wurden evakuiert, waren tagelang ohne Strom, Telekommunikation und Wasser, haben erhebliche Schäden an ihren Wohnungen und ihrem Hab und Gut erlitten; einige haben sogar nahezu alles verloren.
Einigen Betroffenen haben wir eine Notunterkunft bieten können, anderen, die mit Tod und Verlusten umgehen müssen, auch psychologische Hilfe. Sehr hilfreich und auch unbedingt notwendig war es, dass wir Sonderurlaub geben konnten, damit sich die Kolleginnen und Kollegen sogleich um die existenziell wichtigen Dinge kümmern konnten. Auch die Hilfsbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen untereinander war und ist großartig! Und auch die Hilfsangebote, die uns aus ganz Nordrhein-Westfalen und sogar aus anderen Bundesländern erreichen, ist beindruckend.
Auf die ersten, diesbezüglichen Anfragen, die mich schon am Freitag nach der Katastrophe erreicht haben, habe ich unseren Förderverein gefragt, ob er sein Konto für den Empfang von angekündigten Spendengeldern zur Verfügung stellen kann. Über die Verteilung der dort eingehenden Gelder wird nun ein von beiden Personalräten der Fachhochschule paritätisch besetztes Gremium entscheiden. Allen Spendern möchte ich auch an dieser Stelle - auch im Namen der Betroffenen - herzlichst danken!
DBB NRW Internetredaktion: Vielen Dank für das Gespräch und auch Dank für Ihre Hilfe sowohl für die Bürgerinnen und Bürger von Bad Münstereifel, als auch für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen.
Wir haben mit Alexander Meyer am 02.08.2021 das Interview geführt.