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dbb Münster

Münsters Bischof Felix Genn lud zum 10. Arbeitnehmervertreter-Treffen ein - Fachtagung und Empfang zum Thema "Gewalt am Arbeitsplatz"

  • Diskutierten miteinander und mit dem Publikum: (von links) Der Leiter der katholischen Franz-Hitze-Akademie Antonius Kerkhoff, Maria Kröger, Stellvertreterin des Direktors, Prof. Dr. Albert Nienhaus, Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins und Bischof Dr. Felix Genn. Foto: dbb Münster
15. Mai 2023

Wer in Gesundheits- und Pflegeberufen arbeitet, ist von Gewalt am Arbeitsplatz bedroht. Warum das so ist, welche Art und welches Ausmaß diese Gewalt hat und welche Lösungsansätze es gibt, darum ging es am 8. Mai 2023 beim 10. Arbeitnehmervertretertreffen in Münster. Fast 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren dazu in die Katholisch Akademie Franz Hitze Haus gekommen.

Zu dem Treffen eingeladen hatte Bischof Dr. Felix Genn. Mitveranstalter waren der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Region Münsterland, der Kreisverband Münster des Deutschen Beamtenbundes, die Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (DIAG-MAV) im Bistum Münster und das Institut für Christliche Sozialwissenschaften. 

Nach einer Begrüßung stellte Bischof Genn als Referenten Prof. Dr. Albert Nienhaus vor. Nienhaus ist Arbeitsmediziner bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) in Hamburg. 

Unter dem Titel „Gewalt am Arbeitsplatz – Ausmaß des Problems und Ansätze zur Lösung für Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ präsentierte und erläuterte er zunächst die Ergebnisse dreier von ihm verantworteter Studien. Diese untersuchten das Thema zum einen in Krankenhäusern, der stationären und ambulanten Altenpflege und Wohn- und Werkstätten sowie zum anderen in Notaufnahmen. Ein dritter Untersuchungsgegenstand waren Fälle sexueller Gewalt und Belästigung gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Insgesamt, stellte Nienhaus heraus, seien Beschäftigte im Gesundheitswesen besonders gefährdet durch Gewalt am Arbeitsplatz. Denn ihre Zielgruppen stellten beispielsweise unerfüllbare Forderungen, stünden unter Alkohol- oder Drogeneinfluss oder seien psychisch krank. Zudem seien die Beschäftigten oft allein tätig – etwa direkt vor Ort beim Klienten – und arbeiteten abends und nachts. 

In der Branche sei Gewalt gegen Beschäftigte der zweithäufigste Grund für Arbeitsunfälle. Dabei würden längst nicht alle Vorfälle als Arbeitsunfälle erfasst, sagte der Arbeitsmediziner.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen hinschauen und handeln

In der Konsequenz wiesen von Gewalt betroffene Pflegekräfte höhere Burnout-Werte auf. Der Zusammenhang zwischen Erlebnissen von körperlicher oder verbaler Gewalt und einem Burnout lasse sich durch Nachsorge für Betroffene und die Förderung der Resilienz bei Pflegekräften abschwächen. Darüber hinaus hätten die Studien ergeben, dass die Gewaltbereitschaft von Patienten und deren Angehörigen zugenommen hat und Notaufnahmen stark davon betroffen sind. 

Gewalt am Arbeitsplatz müsse bei Beschäftigten in der Gesundheits- und Pflegebranche deshalb Teil der Gefährdungsbeurteilung sein. Gerade die sexualisierte Gewalt sei noch tabuisiert. „Alle Formen der Gewalt kommen in allen untersuchten Branchen mit Unterschieden zwischen den Branchen vor, und sie zeigen einen substanziellen Zusammenhang mit dem psychischen Befinden der Betroffenen“, sagte Nienhaus. Er riet den Einrichtungen, Prävention auszubauen und Nachsorge anzubieten. Ebenso empfahl er die Installation von Aggressions- und Gewaltmanagementsystemen und wies auf die Unterstützungsangebote der BGW – wie Organisationsberatung, Seminare, Broschüren und probatorische Sitzungen – hin.

Podiumsdiskussion gibt Betroffenen Raum zur Mitsprache

An Nienhaus‘ Vortrag schloss sich eine lebendige Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an. Unter Moderation von Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins ging es dabei unter anderem um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Thema und um die institutionalisierte Schutzbereitschaft. 

Quelle: Pressestelle Bistum Münster, Anke Lucht

 

Ausblick und Rückblick

Das nächste Arbeitnehmervertreter-Treffen mit Bischof Felix Genn wird im Mai 2024 stattfinden. Der dbb Kreisvorsitzende Meik Bruns freute sich, dass nun bereits zum 10. Mal das Arbeitnehmervertreter-Treffen stattgefunden hat. "Der Empfang des Bischofs und die interessanten und informativen Fachtagungen sind zu einer festen Größe geworden, die von vielen Gewerkschaftern, Betriebs- und Personalräten begeistert angenommen werden."


Veranstaltungen in den Vorjahren:

2012  
1. Fachtagung
„Strategien für Arbeitnehmervertreter/innen zur Organisation von Solidarität unter Arbeitnehmern“

2013  
2. Fachtagung
„Prekäre Beschäftigungsverhältnisse“

2014  
3. Fachtagung
„Altersgerechte Arbeitsplätze“

2015
4. Fachtagung
„Berufliche Weiterbildung: Wunsch und Wirklichkeit"

2016  
5. Fachtagung
„Digitalisierung der Arbeitswelt und Crowdworking"

2017
6. Fachtagung
„Psychische Belastungen am Arbeitsplatz"

2018  
7. Fachtagung
„Mein „Frei‘ gehört mir!“ - Wem die freie Zeit wirklich gehört“

2019
8. Fachtagung
„Wer kümmert sich um uns? Fachkräftemangel im sozialen Bereich“

2020 und 2021
fand wegen der Corona-Pandemie kein Arbeitnehmervertreter-Treffen statt

2022
9. Fachtagung
„Sozialer Arbeiten – besser Leben? Was machen die skandinavischen Länder anders?"

2023
10. Fachtagung
„Gewalt am Arbeitsplatz"

Ergänzung: dbb Münster

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