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Thesen zum Dienstrechtsmodernisierungsgesetz

Reformbedarf ja, aber nicht auf Kosten der Qualität

16. Mai 2025

Im Nachgang zur Anhörung im Landtag NRW am 10. April 2025 hat der DBB NRW und die komba gewerkschaft nrw folgendes Thesenpapier zum Dienstrechtsmodernisierungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen erarbeitet.

Die Landesregierung hat mit dem vorgelegten Entwurf zur Modernisierung des Dienstrechts grundlegende Veränderungen für das Berufsbeamtentum in Nordrhein-Westfalen angestoßen. Der DBB NRW und die komba gewerkschaft nrw begrüßen die Debatte, haben jedoch im Rahmen der Anhörung im Landtag am 10. April 2025 an zahlreichen Stellen dringenden Nachbesserungsbedarf festgestellt. Die nachfolgenden 10 Thesen benennen zentrale Kritikpunkte sowie konkrete Verbesserungsvorschläge:

1. Reformbedarf ja, aber nicht auf Kosten der Qualität

Die Modernisierung des öffentlichen Dienstrechts ist angesichts des demografischen Wandels und Fachkräftemangels notwendig. Jedoch darf sie nicht zu einem Abbau bewährter Strukturen und Standards im Berufsbeamtentum führen. Das klassische Laufbahnprinzip bildet weiterhin das tragende Fundament.

2. Beförderungssperrjahr abschaffen - aber mit klaren Regeln

Die Aufhebung des Sperrjahres nach der Probezeit gemäß § 19 LBG NRW kann helfen, talentierte Nachwuchskräfte zu halten. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb nach drei Jahren Probezeit eine Ernennung auf Lebenszeit möglich ist, jedoch keine Beforderung in das nächste Beförderungsamt.

3. Qualitätssicherung bei Quereinstiegen zwingend notwendig

Die Öffnung der Laufbahnen für Quereinsteiger gemäß § 6 Abs. 4 LBG NRW ist als Reaktion auf den Fachkräftemangel nachvollziehbar, darf jedoch nicht zur Aushöhlung des Berufsbeamtentums führen:

  • Der Vorbereitungsdienst ist nicht durch akademische Abschlüsse ersetzbar.
  • Notwendig sind standardisierte Gleichwertigkeitsprüfungen, verpflichtende Qualifizierungen und praxisnahe Eignungstests; es muss eine echte Vergleichbarkeit zum Vorbereitungsdienst hergestellt werden.
  • Quereinsteiger benötigen rechtliche Grundkenntnisse und Verwaltungskompetenz. Diese können durch verpflichtende Module (z. B. VwVfG, GG, Verwaltungsethik) vermittelt werden. Nur so ist ein effektives und rechtssicheres Verwaltungshandeln möglich.

4. Landespersonalausschuss (LPA) stärken statt schwächen

Die vorgesehene Verlagerung von Zuständigkeiten auf Ressorts (u. a. bei Einstellungen und Beförderungen) untergräbt Einheitlichkeit und Transparenz. Der LPA muss weiterhin als neutrales Gremium Qualitätssicherung und Gleichbehandlung garantieren.

5. Lebensarbeitszeitkonten ermöglichen und rechtssicher gestalten

Die Gewerkschaften fordern die Einführung echter Lebensarbeitszeitkonten, insbesondere für Bereiche mit hohen Überstunden (z. B. Feuerwehr, Polizei). Diese müssen jedoch rechtssicher ausgestaltet und in die bestehenden Regelungen eingebettet werden.

6. Attraktivität durch amtsangemessene Alimentation steigern

Das Hauptanliegen vieler Beschäftigter ist eine amtsangemessene Besoldung. Die Alimentation muss so ausgestaltet werden, dass sie ihrer qualitätssichernden Funktion gemäß Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 04.05.2020, 2 BvL 4/18 u.a.) gerecht wird.

7. Risiken durch "Turboverbeamtung" eindämmen

Die geplante Verkürzung der Probezeit auf bis zu drei Monate ist nicht mit der erforderlichen Eignungsprüfung für eine lebenslange Verbeamtung vereinbar. Die Einarbeitungszeit ist häufig länger als die Probezeit selbst. Eine Mindestdauer von einem Jahr sollte verpflichtend werden.

8. Keine Politisierung durch Ressortkompetenz bei Statusentscheidungen

Die geplante Dezentralisierung beamtenrechtlicher Entscheidungen birgt das Risiko politisch motivierter Personalpolitik. Es bedarf zentraler Kontrollinstanzen wie des LPA zur Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien. Ohne verbindliche Rahmenbedingungen droht jedoch Intransparenz. Daher wird ein landeseinheitlich geregeltes Beurteilungssystem gefordert, wozu das Bundesverwaltungsgericht das Land NRW bereits verpflichtet.

9. Ganzheitlicher Reformansatz notwendig

Die Herauslösung des Laufbahnrechts aus dem Gesamtkomplex Dienstrecht (Status-, Besoldungs-, Versorgungsrecht) ist problematisch. Es bedarf eines integrierten Reformansatzes, der auch Stellenobergrenzen (bspw. A 9z) und Attraktivitätsfragen systematisch adressiert.

10. Moderne Verwaltung braucht verbindliche Aus- und Fortbildungsstandards

Die geplanten Laufbahnöffnungen sowie hoheitliche Aufgabenwahrnehmung durch Quereinsteiger erfordern verbindliche Standards in Aus- und Fortbildung. Wer Verwaltungs- oder Eingriffsaufgaben wahrnimmt, muss staatliches Handeln rechtlich sicher begründen können. Einheitliche Vorgaben sind im Sinne des Rechtsstaatsprinzips unerlässlich.

Fazit:

Der DBB NRW und die komba gewerkschaft nrw beklagen den Modernisierungsbedarf seit geraumer Zeit und begrüßen, das erneute Aufgreifen der Thematik. Sie fordern jedoch einen rechtssicheren, transparenten und qualitätsorientierten Reformprozess, der das Berufsbeamtentum und damit den öffentlichen Dienst insgesamt stärkt und nicht untergräbt.

Wird der vorliegende Gesetzentwurf ohne substanzielle Nachbesserungen umgesetzt, drohen weitreichende Folgen: Die Qualität staatlichen Handelns gerät in Gefahr, wenn Quereinsteiger ohne ausreichende Qualifikation hoheitliche Aufgaben übernehmen. Ein transparenter und gerechter Beförderungsweg wird durch intransparente Ressortentscheidungen gefährdet. Die Entmachtung des Landespersonalausschusses und die Verkürzung der Probezeiten schwächen das Vertrauen in das System. Ohne eine faire Alimentation und strukturelle Attraktivitätssteigerung droht der öffentliche Dienst im Wettbewerb um Fachkräfte weiter zurückzufallen. Am Ende steht die Gefahr eines schleichenden Qualitäts- und Vertrauensverlusts - mit negativen Folgen für die Funktionsfähigkeit des Staates insgesamt.

Stand: Mai 2025

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