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Nach Angriff auf Beschäftigte den Gewalttätern Fahrerlaubnis entziehen

Schnelle Konsequenzen statt bunter Präventivkampagnen

  • Foto: DBB NRW | Christian Kratzsch
    Pressegespräch mit der "Neuen Westfälischen" über Gewalt gegenüber Beschäftigter im Öffentlichen Dienst: Ingo Kalischek (Neue Westfälische), Frank Neuhaus (DGVB), Marcus Michel (DBB NRW), Roland Staude (DBB NRW) und Valentino Tagliafierro (komba), von links.
20. Juli 2024

Das Ansinnen von Bundesjustizminister Marco Buschmann, nach der tödlichen Messerattacke auf einen Polizeivollzugsbeamten in Mannheim, das Strafrecht effektiver anwenden zu wollen, ist nach Ansicht des Landesbundes Nordrhein-Westfalen im Deutschen Beamtenbund und Tarifunion (DBB NRW) grundsätzlich der richtige Ansatz aber in der angedachten Umsetzung wenig zielführend.

Buschmann hatte in einem Interview mit der Rheinischen Post unter anderem erklärt, hinterlistige Überfälle auf Polizisten aber auch Hilfeleistende der Feuerwehr oder des Rettungsdienstes zukünftig als besonders schweren Fall des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu werten. Attacken aus einem geplanten Hinterhalt sollen die Gerichte dann künftig härter bestrafen können, mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.

Der DBB NRW ist angesichts des zusätzlichen prozessualen Aufwands, Tätern Angriffsplanung nachweisen zu müssen, von der Wirksamkeit dieser Gesetzesinitiative nicht überzeugt. Hierzu der 1. Vorsitzende des DBB NRW, Roland Staude: „Wir sehen das Problem nicht in der Strafandrohung bei Gewalthandlungen, sondern in der konsequenten Ausschöpfung von Recht und Gesetz. Eine Strafverschärfung ist für uns bloße Kosmetik, da durch eine solche Gesetzesnovelle die Hürden für eine Verurteilung letztlich zu hoch gelegt werden, so dass kaum mit statistikrelevanten Verurteilungen zu rechnen wäre.“

Aus den Erfahrungen aller dem DBB NRW zugehörigen Fachgewerkschaften betrifft das Gewaltthema inzwischen den gesamten Öffentlichen Dienst, so dass die Überlegungen des Bundesjustizministers aus Sicht des gewerkschaftlichen Spitzenverbandes aber einen wichtigen Anstoß zur einer gesamtgesellschaftlichen Wertediskussion geben sollten. Roland Staude: „Laut Bürgerbefragung des DBB sehen, mit steigender Tendenz, inzwischen 70 Prozent der Bevölkerung den Staat überfordert, was gerade auch im Bereich der Inneren Sicherheit zu einem erheblichen Akzeptanzverlust unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung führt. Dem müssen wir gemeinsam entschieden etwas entgegensetzen.“ Für den DBB NRW besteht die Hauptproblematik in Fällen zunehmender Gewalt gegen Träger hoheitlicher Aufgaben nicht darin, dass das Strafrecht keine hinreichenden Sanktionierungsmöglichkeiten vorsieht, sondern überwiegend in der unzureichenden, zeitnahen sowie konsequenten Anwendung und Durchsetzung, um letztlich, und darauf zielt das Strafrecht grundsätzlich auch ab, eine präventive Wirkung auf potentielles Tatgeschehen entfalten zu können. Roland Staude: „Die bunten `Respekt´-Kampagnen der Vergangenheit haben sich als wirkungsloses Placebo erwiesen, da sie die eigentlichen Adressaten nicht erreicht haben. Wir brauchen jetzt Gemeinsamkeit und konsequentes Handeln von Staat und Gesellschaft.“

Nach Vorstellung des DBB NRW sollte der Gesetzgeber den Automatismus aus der Praxis abschaffen, kurze Freiheitsstrafen bei Bedrohung, Nötigung oder Körperverletzung regelmäßig zur Bewährung auszusetzen. „Gerade bei Angriffen auf Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes, Ehrenamtliche und Helfende, die sich in den Dienst für die freiheitlich-demokratische Grundordnung stellen, sollte die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht der Regelfall, sondern eine individuell begründete Ausnahme sein.“, so Roland Staude, "Wenn die Täter bereits unmittelbar nach Identitätsfeststellung wieder auf freien Fuß gelangen, erst Monate oder Jahre nach der Tat mit einer Geld- oder Bewährungsstrafe davonkommen oder Verfahren eingestellt werden, lassen sie sich nach einem Angriff auf `Repräsentanten von Staat und Gesellschaft´, wie zum Beispiel Polizisten, Rettungskräfte oder Verwaltungsangestellte aber auch Journalisten, Schiedsrichter oder Ersthelfer an Unfallstellen, nicht nur von ihrem Umfeld feiern, sondern dürfen staatlich legitimiert ein persönliches Gefühl der Unantastbarkeit genießen.“

Zudem könnte man auch Überlegungen anstellen, in solchen Fällen die Möglichkeiten der Untersuchungshaft zu erleichtern. Sofern Gewalttäter unmittelbar mit der Straftat in Verbindung gebracht werden und eine spätere Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe sehr wahrscheinlich sein könnte, würde nach Sicht des DBB NRW bereits eine solche Maßnahme ausreichend sozialen Druck durch Familienmitglieder oder den Arbeitgeber aufbauen, um eine weitere präventive Wirkung zu erreichen. Roland Staude: „Sich nach vielleicht tage- oder wochenlanger Abwesenheit vor Freunden, Kollegen oder den eigenen Kindern für das aggressiv-schädigende Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen rechtfertigen zu müssen, kann durchaus einen nachhaltigen Lerneffekt für gewaltbereite Zeitgenossen haben.“

Für eine effektive Maßnahme hält der DBB NRW jedoch auch die bereits jetzt schon bei begangenen Straftaten in Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeuges im Gesetz vorgesehene Option, bei einer Verurteilung durch das Gericht die Fahrerlaubnis zu entziehen. „Gerade bei Angriffen auf Polizisten, Rettungskräfte oder Ersthelfer im öffentlichen Raum wäre die mangelnde charakterliche Eignung des Täters zum Führen eines Fahrzeuges offenkundig und ein Entzug der Fahrerlaubnis nachvollziehbar begründet.“, so der 1. Vorsitzende des DBB NRW, „Die Erweiterung dieser Möglichkeit bei der Strafdurchsetzung sollte in die Überlegungen des Gesetzgebers mit einbezogen werden. Grundsätzlich würden wir uns hier über entsprechende Initiativen der NRW-Landesregierung zur Gesetzesnovellierung im Bundesrat freuen.“

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