DBB NRW fordert bei Anhörung schnelles Handeln statt Politisierung
Thema Frauenförderung: Praktische Lösungen mit Wirkung
In der Öffentlichen Anhörung des Innenausschusses und des Unterausschusses Personal des Haushalts- und Finanzausschusses des Landtags NRW zum Gesetz zur Änderung des LBG NRW am 19.01.2017 hat der DBB NRW die Landesregierung erneut aufgefordert, nicht an ihrem Vorhaben zur Frauenförderung festzuhalten, das Thema bis zum Bundesverfassungsgericht oder gar zum Europäischen Gerichtshof zu tragen, sondern vielmehr schnell einen rechtssicheren Zustand herzustellen.
Doris A. ist Finanzbeamtin und hätte eigentlich bereits im September 2016 befördert werden sollen. Im Januar 2017, also vier Monate später, wartet sie immer noch vergeblich auf ihre Beförderung. Der Grund dafür: Frauenförderung!
Was im ersten Moment paradox klingt, ist in vielen Behörden in Nordrhein-Westfalen bittere Realität. Denn durch die zum 1. Juli 2016 in Kraft getretene Vorschrift sollten zwar Frauen eigentlich bevorzugt befördert werden, in der Praxis geschieht nicht selten jedoch das Gegenteil.
Wie bei Doris A., die nach alter Regelung im November 2016 befördert werden und durch die neue Regelung ihre Beförderung schon im September 2016 erhalten sollte. Ihr Kollege Kai R. dagegen wäre nach alter Regelung schon im September 2016 befördert worden und ist durch die neue Regelung um viele Plätze nach hinten gerutscht. Seine Beförderung stand deswegen erst für Dezember 2016 auf dem Plan.
Faktisch wurde bis heute jedoch keiner der beiden befördert, da die Rechtsunsicherheit der gesetzlichen Regelungen zu einer Klagewelle geführt hat und es dadurch in vielen Bereichen zum praktischen Beförderungsstopp gekommen ist. Auch wenn Doris A. und Kai R. nur fiktive Personen sind, gibt es viele Beamtinnen und Beamte, die genau diese Situation gerade erleben.
In einigen Bereichen wird gar nicht mehr befördert
Hintergrund ist das neue Landesbeamtengesetz, das zum 1. Juli 2016 in Kraft getreten ist, genauer gesagt der §19 Abs. 6 LBG. Dieser Paragraf sollte eigentlich dazu beitragen, dass Frauen gefördert werden, in dem sie bevorzugt befördert werden. Und zwar nicht nur bei einer „gleichen“, sondern auch bei einer „im Wesentlichen gleichen“ Eignung.
Durch unklare Formulierungen und Rechtsunsicherheiten sorgt dieser Paragraf aktuell aber dafür, dass in einigen Bereichen gar nicht mehr befördert werden kann. Grund dafür sind Klagen, die die Verfassungsmäßigkeit der Regelung anzweifeln. Vier Verwaltungsgerichte geben ihnen in dieser Sache zwar Recht, an der aktuellen Situation vor Ort in den Behörden ändert das jedoch erstmal nichts. Denn die Landesregierung hat bereits angekündigt, alle Rechtsmittel auszuschöpfen und im Zweifel sogar bis zum Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Auch die bei der Anhörung anwesenden juristischen Sachverständigen kamen nicht zu einer einheitlichen Einschätzung der Thematik und sahen eine abschließende Lösung frühestens auf der Ebene des Bundesverfassungsgerichtes.
Roland Staude: Ein Affront gegen den Öffentlichen Dienst
„Die Herangehensweise der Landesregierung an das Thema ist ein Affront gegen den Öffentlichen Dienst“, erklärte Roland Staude, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbundes Nordrhein-Westfalen. „Bis zu einer solchen Entscheidung können Jahre vergehen. Es kann nicht sein, dass bis dahin einfach gar nicht mehr befördert wird und zwar weder Männer noch Frauen“. Vielmehr forderte der Landesbundvorsitzende die Landesregierung dazu auf, alle Akteure an einen Tisch zu holen und gemeinsam an einer praktikablen Lösung zu arbeiten, damit das Thema nicht noch länger auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.
Elke Stirken: Wer Frauen fördern möchte, muss an anderer Stelle ansetzen
Für den Deutschen Beamtenbund ist Frauenförderung ein wichtiges Thema. „Wer Frauen jedoch wirklich effektiv fördern möchte, muss an einer völlig anderen Stelle ansetzen“, erklärte Elke Stirken, Vorsitzende der Landesfrauenvertretung des DBB NRW. „Es müssen Beurteilungskriterien erarbeitet werden, die gendergerecht sind und Führungskräfte müssen entsprechend geschult werden.“ Dabei muss Frauenförderung zur Führungsaufgabe werden, damit sie wirklich gelebt wird. Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt sind familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Denn meist sind es eben doch Frauen, die aus Familiengründen in Teilzeit arbeiten und dadurch häufig schlechter beurteilt werden.
Entsprechend forderte der DBB NRW in der Anhörung die Landesregierung erneut auf, nicht an ihrem Vorhaben festzuhalten, das Thema bis zum Bundesverfassungsgericht oder gar zum Europäischen Gerichtshof zu tragen, sondern vielmehr schnell einen rechtssicheren Zustand herzustellen und gleichzeitig im Dialog mit den Gewerkschaften und Verbänden daran zu arbeiten, Regelungen zu entwickeln, die Frauenförderung wirklich voran bringt.