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dbb Münster

Podiumsdiskussion "Umgang mit Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes" zeigt Handlungsmöglichkeiten auf

  • Reinhard Zumdick, Andreas Kohl, Anusch Melkonyan, Erich Rettinghaus, Meik Bruns und Moderator Stefan Werding (Fotos dbb Münster).
01. März 2020

„Nicht Beschäftigte müssen sich fragen, wie man mit Gewalt umgeht“, so das Fazit der Podiumsdiskussion des Beamtenbundes (DBB), „sondern der Arbeitgeber hat die Verantwortung seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen!“ Am 19.02.2020 lud der DBB-Kreisverband Münster unter dem Titel „Umgang mit Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes“ ein, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Unter der Leitung von Stefan Werding (Redakteur der Westfälischen Nachrichten) diskutierten Andreas Kohl (M.A., Europäisches Zentrum für Kriminalprävention e.V./Hochschule für Polizei und Verwaltung NRW), Anusch Melkonyan (Stellvertretende Landesvorsitzende der KOMBA-Gewerkschaft NRW), Erich Rettinghaus (Stellvertretender Landesvorsitzender des DBB NRW) und Reinhard Zumdick (Kriminalkommissariat Münster Prävention/Opferschutz).

Dabei wurde deutlich, dass Behörden in einem Spannungsfeld zwischen einer offenen und bürgerfreundlichen Verwaltung und erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen stehen. Auch können gesellschaftliche Veränderungen nicht ignoriert werden. Waren früher Amtspersonen Respektspersonen, so fordern heute die Bürgerinnen und Bürger teilweise in massiver Form ihre Rechte ein. Leider auch Rechte, die ihnen das Internet mit unzähligen Quellen und Meinungen vorgaukelt, die ihnen aber tatsächlich aufgrund geltender Gesetze und Regeln nicht immer zustehen. Da sich Behörden oft als Dienstleister und weniger als Behörde definieren, führt dies zu einer Erwartungshaltung, die die Verwaltung nicht in jedem Fall erfüllen kann.

Jeden Tag erfolgt verbale und körperliche Gewalt. Die genaue Zahl lässt sich nicht beziffern, da viele Vorfälle nicht zur Anzeige gebracht werden. Das Bundeskriminalamt veröffentlichte eine Statistik, in der über 19.000 schwere Fälle im letzten Jahr verzeichnet wurden. Gewalt kann nicht verhindert werden. Aber die Ursachen müssen bekämpft und der Schutz vor Gewalt verbessert werden. In der Diskussion wurde deutlich, dass schon in Kindergärten und Schulen nicht nur Bildung, sondern auch Erziehung gewährleistet werden muss. Dazu sei nach Ansicht der Gewerkschaften, die im DBB organisiert sind, auch mehr Personal erforderlich.

Der Umgang mit dem Thema Gewalt ist Chefsache. Egal, ob Gewalt durch Bürgerinnen und Bürger, Mobbing oder sexuelle Übergriffe innerhalb einer Dienststelle. Es ist Aufgabe der Dienststellenleitung deutlich zu machen, dass jedwede Form von Gewalt nicht geduldet wird. Bürgermeister, Dienststellenleitungen, Abteilungsleitungen, kurz alle die im öffentlichen Dienst Personalverantwortung tragen, sind hier gefordert und müssen aktiv werden. Die Experten und Expertin auf dem Podium machten deutlich, dass hier ein ständiger Prozess von Prävention, Intervention und Evaluation erforderlich ist.

Im Rahmen der Prävention bedarf es einheitlicher Standards, die festgelegt werden müssen. Hierbei ist ein ämterübergreifender Dialog sinnvoll. Wie reagiert die Behörde auf Gewalt? Wie wird verhindert, dass Gewalt ignoriert wird? Gibt es Handlungsanweisungen? Gibt es eine Anlaufstelle für Beschäftigte, die beschimpft bzw. bedroht wurden? Wie geht man mit Bürgern und Bürgerinnen um, die Beschäftigte bedrohen? Erfolgt eine Ansprache durch die Dienststellenleitung? Was müssen wir als Behörde aushalten? Wann erfolgen Strafanzeigen? Wann werden Hausverbote ausgesprochen? Die Diskussion machte deutlich, dass hier eine Vielzahl an Fragen zu klären sind. Dabei wurde festgestellt, dass es kein einheitliches Handlungskonzept gibt, sondern dass jede Behörde eigene Wege geht. Handeln muss aber jede Dienststellenleitung, weil gemäß den gesetzlichen Arbeitsvorschriften eine Gefährdungsanalyse zu erstellen ist.

Zur Prävention gehören auch Aus- und Fortbildungsangebote für die Beschäftigten anzubieten. Hierzu gehören Gesprächs- und Verhaltenstrainings, Deeskalation und Selbstreflektion. In welcher Form zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, wie z.B. Zugangskontrollen, Notfallbuttons, usw. erforderlich sind, entscheidet die Behörde im Rahmen der Gefährdungsanalyse. Ein Detail wurde in der Diskussion deutlich. Jedes Jahr finden Brandschutzübungen und die Räumung des Gebäudes statt. Regelmäßige Übungen und Notfalltrainings mit denen das Verhalten eingeübt wird, wenn jemand den Notfallknopf drückt, finden in den seltensten Fällen statt.

Zum Umgang mit Gewalt gehört aber auch die Intervention. Gewalt darf nicht ignoriert werden. Eine Behörde kann nicht bei jeder Beleidigung eine Strafanzeige stellen. Wenn aber die Gewalt Formen annimmt, die nicht mehr akzeptabel sind, dann muss gehandelt werden. Der Täter oder die Täterin muss von der Behördenleitung gezielt angesprochen werden. Es muss deutlich gemacht werden, dass das Handeln nicht akzeptiert und ein anderes Verhalten erwartet wird. Wird weiter Gewalt ausgeübt, dann sind Hausverbote und Strafanzeigen unumgänglich. Dabei ist es Aufgabe der Behördenleitung den eigenen Beschäftigten Rückendeckung zu geben. Der Arbeitgeber muss eine Strafanzeige stellen und damit Polizei und Staatsanwaltschaften deutlich machen, dass hier ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung besteht. Und die Anzeigen müssen zügig bearbeitet und strafrechtliche Maßnahmen erfolgen.

Die Gefährdungsanalyse, Handlungsempfehlungen, zielorientiertes Handeln sind ein immerwährender Prozess, der auch einer Evaluation bedarf. Einig waren sich alle im Podium, dass eine Zusammenarbeit verschiedener Behörden sinnvoll ist. Die Entwicklung einheitlicher Standards bei der Bekämpfung von Gewalt sei eine wichtige Hilfe. „Das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden“. In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von Studien, Handlungsempfehlungen und Ratgebern veröffentlicht. Hierzu zählen zum Beispiel auch Modellprojekte in Bonn und Aachen. Opfer von Gewalt sollten sich an Soziale Ansprechpartner in ihrer Behörde, Personalräte und an Ihre Vorgesetzten wenden. Jede Behördenleitung sollte prüfen, ob eine zentrale Anlaufstelle innerhalb der Dienststelle eingerichtet wird. Abschließend wiesen die Vertreter der Polizei darauf hin, dass sowohl Behördenleitungen, als auch Opfern von Gewalt Hilfen durch die zuständigen Kriminalkommissariate erhalten können.

Der dbb Kreisverband Münster dankt der Regierungspräsidentin Frau Dorothee Feller, die die Veranstaltung unterstützte. Frau Feller warb in einem Grußwort im Einladungsflyer für die Veranstaltung und machte die Wichtigkeit des Thema deutlich. Darüber hinaus stellte die Bezirksregierung den Freiherr-von-Stein-Saal am Domplatz in Münster zur Verfügung, in dem die Podiumsdiskussion stattfinden konnte.

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